Die Marburger Rede und der Röhm-Putsch: Eine historische Betrachtung

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Die Marburger Rede und der Röhm-Putsch stehen in einem bedeutenden historischen Zusammenhang, der die internen Machtkämpfe und ideologischen Spannungen innerhalb der NSDAP während der frühen 1930er Jahre aufzeigt.

von Papen warnt vor SA und Hitler steht unter Druck

Der damalige Vizekanzler Franz von Papen hielt am 17. Juni 1934 in Marburg eine Rede, die als “Marburger Rede” bekannt wurde. In dieser Rede kritisierte von Papen die wachsende Radikalisierung und die Gewaltbereitschaft der SA (Sturmabteilung) unter der Führung von Ernst Röhm. Von Papen sprach sich für eine Rückkehr zu Rechtsstaatlichkeit und Ordnung aus und warnte vor den Konsequenzen der radikalen Elemente innerhalb der NSDAP. Obwohl von Papen selbst kein Demokrat war, erkannte er, dass die unkontrollierte Macht der SA eine Bedrohung für die Stabilität des Staates darstellte.

Gleichzeitig wuchs der Druck auf Adolf Hitler, da die SA unter Röhm immer mehr Einfluss gewann und sogar forderte, die Reichswehr in die SA zu integrieren. Dies führte zu zunehmender Unzufriedenheit sowohl innerhalb der NSDAP als auch beim deutschen Militär und der konservativen Elite. Röhm strebte nach einer “zweiten Revolution”, um die sozialistische Komponente des Nationalsozialismus zu stärken, was jedoch Hitlers Macht und die Unterstützung durch die konservativen Eliten gefährdete.

Die “Nacht der langen Messer” beginnt.

In diesem Zusammenhang entschied sich Hitler, den Röhm-Putsch durchzuführen, auch bekannt als die “Nacht der langen Messer”, die zwischen dem 30. Juni und dem 2. Juli 1934 stattfand. Hitler ließ Röhm und zahlreiche andere SA-Führer verhaften und ermorden, um die Kontrolle über die Partei und den Staat zu festigen und die Unterstützung des Militärs und der konservativen Kreise zu sichern. Der Röhm-Putsch markierte das Ende der Macht der SA und stärkte gleichzeitig die SS (Schutzstaffel) unter Heinrich Himmler.

Die Marburger Rede spielte eine indirekte Rolle in diesem Machtkampf, da sie die Spannungen und den Unmut über Röhm und die SA verdeutlichte. Von Papens Kritik trug dazu bei, den Druck auf Hitler zu erhöhen, gegen Röhm vorzugehen.Letztlich führte dies zu einer drastischen und blutigen Säuberungsaktion, die Hitlers Stellung als unangefochtener Führer der NSDAP und des deutschen Staates festigte.

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Franz von Papen: “Hitlers Steigbügelhalter” und von Schleichers “Fränzchen”

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“Steigbügelhalter Hitlers” , als solcher geht und ging Franz von Papen in die Geschichtsbücher ein. Von Papens Karriere war bis zu seiner Ernennung als Reichskanzler und Nachfolger von Heinrich Brüning am 1. Juni 1932 wohl eher weniger erfolgreich.

1916 wurde er von den USA des Landes verwiesen, da seine gegen die Amerikaner gerichtete konspirative Tätigkeit, die er parallel zu seinem eigentlichen Einsatz als Militärattache betrieb, aufflog. Danach diente er bis zum Ende des Ersten Weltkriegs als hochrangiger Militär zunächst an der Westfront und später im Nahen Osten. Den Sturz des Kaisers und der Monarchie hat er nie verkraftet, und Franz von Papen war daher fortan entschiedener Gegner der Weimarer Republik. Kommunisten wie Nationalsozialisten waren ihm verhasst, statt dessen setzte er auf eine Präsidialdiktatur mit weitreichenden Vollmachten ohne Beteiligung des Parlaments. 1921 wurde er Mitglied des katholischen Zentrums.

Im Grunde genommen war von Papen als Reichskanzler Marionette seines Freundes Kurt von Schleicher, der ihn nur zur Durchsetzung seiner reaktionären Ideen und als Vertrauter Hindenburgs “mißbrauchte”. Auch überhaupt waren viele Politiker verblüfft über den neuen Reichskanzler. Dass von Schleicher seinen Freund von Papen nicht ernst nahm, zeigt sich auch im Gebrauch des eher abwertenden Spitznamens “Fränzchen”. Von Schleicher, der gute Kontakte zu den Nationalsozialisten hatte, fädelte die Unterstützung der Regierung von Papen durch die Nazis ein. Franz von Papen sorgte im Sommer 1932 mit dem “Preußenschlag” für “Recht und Ordnung” im Kernland der Unruhen, setzte die preußische Regierung ab und ernannte sich zum Reichskommissar von Preußen. Am 3. Dezember 1932 scheiterte von Papen zunächst an seiner auf Repression gestützten Politik des Staatsnotstands und die beabsichtigte Unterstützung durch die Reichswehr. Jetzt kam von Schleicher ins Spiel, der auf eine Spaltung der NSDAP setzte und damit Hindenburg überzeugen konnte, ihn selbst als Reichskanzler zu ernennen.

Nun versuchte von Papen, die Nazis mit ins Boot und in eine Regierung zu holen und von Schleicher auszustechen. Doch Hitler wollte die Kanzlerschaft und so ging von Papen darauf ein, weil er der Überzeugung war, dass “wir ihn (Hitler)” “In die Ecke drücken bis er quietscht”. Hindenburg stimmte nach langem Zögern einer Reichsregierung unter Hitler mit Franz von Papen als Vizekanzler zu. So schnell wie die Nazis ihre Macht ausbauten, so schnell zog sich auch von Papen zurück. Um der Allmacht der Nazis zu entkommen, versuchte er die Gründung konservativer, katholischer Organisationen, die im Sinne der Nationalsozialisten handelten. Mit dem Vatikan schloss er im Auftrag Hitlers 1933 das Reichskonkordat ab. In der “Marburger Rede” vom 17. Juni 1934 geißelte er insbesondere das martialische und sehr gewaltsame Auftreten der Nationalsozialisten, ohne aber Hitler direkt zu kritisieren. Trotz der Ermordung der Verfasser seiner Rede, kooperierte von Papen weiter mit den Nazis und war von 1934 bis 1938 Diplomat in Diensten Hitlers in Wien. Dort bereitete er den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich vor. Am 13.8.1938 wurde er Mitglied der NSDAP. Von 1939 bis 1944 war von Papen Botschafter in Ankara.

Zwar wurde von Papen in den Nürnberger Prozessen freigesprochen, 1947 aber als “Hauptschuldiger” im Rahmen der Entnazifizierung zu 8 Jahren Arbeitslager verurteilt, allerdings 1949 vorzeitig entlassen. Von Papen starb am 2. Mai 1969.

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17.06.1934: NS-Regime verbietet Marburger Rede.

Bildquelle: Franz von Papen im Jahre 1936, Von Bundesarchiv, Bild 183-S00017 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5368862

Franz von Papens Marburger Rede erscheint und wird sofort vom NS-Regime verboten.

Wortlaut Marburger Rede (Regin Verlag) und Hintergrund

Stichwort: Marburger Rede (lexikon-drittes-reich.de)