“Ich klage an”: Wie die Nazis die Euthansie vor dem Volk rechtfertigten

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In perfider wie geschickt getarnter Art sollte der 1941 entstandene Film “Ich klage an” über das Thema “Sterbehilfe” das Euthanasie-Programm der Nazis legalisieren und rechtfertigen. Zunächst als Privatsache dargestellt, wird schon bald die gesellschaftliche Auseinandersetzung gesucht:
Prof. Thomas Heyt’s Frau Hanna leidet an multipler Sklerose. Heyt forscht daher an einem Medikament, das Heilung bringen soll, doch vergebens. Der Zustand von Hanna verschlimmert sich von Tag zu Tag immer drastischer, und so bittet sie den befreundeten Hausarzt Lang um den “Gnadentod”. Lang lehnt ab, aber Thomas Heyt verabreicht seiner Frau Gift zum Töten. Dr. Lang bricht die Freundschaft mit Thomas Heyt daraufhin ab und Heyt wird der Prozess gemacht. Während viele Zeugen über die Tat als “humanitären Akt” urteilen, sind sich Schöffen und Richter nicht einig.
Die entscheidende Wende bringt die geänderte Auffassung von Lang zum Töten auf Verlangen, nachdem ein an Hirnhautentzündung erkranktes Kind nach seiner Behandlung erblindete und gelähmt ist. Der Film endet mit einem direkten Plädoyer des Angeklagten Heyt für die Sterbehilfe.

Mehr zum Hintergrund des Films:

“Ich klage an” lässt die Entscheidung des Gerichts zwar offen, hat aber nicht zuletzt durch das starke Plädoyer und die emotional “pro Sterbehilfe” geführte Diskussion der Zeugen den Zuschauer schon in Richtung auf Legalisierung der Euthansie gebracht.
Das Wort “Euthansie” taucht nicht einmal im Film auf.
Auf Grund eines bereits 1936 erschienenen Briefromans sollte Hermann Schwenninger im Auftrag der Abteilung T4 der Reichskanzlei ein Drehbuch schreiben, das sowohl dramaturgisch gut ist als als auch zum Zwecke der Legalisierung des Euthansie-Programms dient. Nach mehrmaliger Überarbeitung des Entwurfs wurde der Film schließlich gedreht. Der Zensur fielen nach Fertigstellung im Mai 1941 Szenen, die Kritik an der Kirche üben, zum Opfer und wurden daher aus dem Film geschnitten. Am 29. August 1941 dann die Premiere im Berliner Capitol.
Auf Grund seines zutiefst menschenverachtenden und volksverhetzenden Inhalts wurde “Ich klage an” nach dem Krieg verboten und darf als “Vorbehaltsfilm” nur noch unter Auflagen gezeigt werden.

Übrigens, die Abteilung “T4″ der Reichskanzlei war direkt und als leitende Insatnz für die systematische Ermordung von geistig und körperlich Behinderten , also für das Euthansie-Rogramm”, im Dritten Reich zuständig

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“Hitlerjunge Quex” : der “Märtyrertod” als Mittel der Propaganda

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Nur wenige Monate benötigte man 1933 für die Produktion von “Hitlerjunge Quex” , einem insbesondere an die Jugend gerichteten Propagandafilm der Nazis. Nicht nur in Deutschland wurde der Film ab September 1933 gezeigt, auch im Ausland lief der Propagandastreifen.
“Hitlerjunge Quex” wurde ein kommerzieller Erfolg.
Obwohl er von der Filmprüfstelle vor seiner Premiere als “künstlerisch besonders wertvoll” ausgezeichnet wurde, war “Hitlerjunge Quex” Propagandaminister Joseph Goebbels zu einfach und zu durchschaubar.

Wie in vielen anderen NS-Filmen spielte auch in “Hitlerjunge Quex” Heinrich George mit, diesmal in der Rolle des Vaters von Heini Völker, um dessen Bekehrung zum Nationalsozialismus es schlussendlich geht. Während Vater Völker versucht, seinen Sohn bei der kommunistischen Jugend zu integrieren, zieht es Heini aber zur Hitlerjugend (HJ). Der Film suggeriert die dortige Disziplin und Ordnung, von der Heini fasziniert ist. Obwohl die HJ Heini für einen Anschlag auf ihre Räume verantwortlich macht, kann Heini nichts von der Anziehungskraft der HJ abbringen. Und so vereitelt er einen weiteren Anschlag der Kommunisten. Heini wird nun MItglied der HJ . Er wird jedoch am Ende während einer Flugblattaktion von den Kommunisten aus Rache ermordet und stirbt damit als “Märtyrer”.
Die Handlung leitet sich aus einer Romanvorlage von Karl Schenzinger ab, dessen Protagonist Herbert Norkus ebenso den “Märtyrertod” bei den Berliner Straßenkämpfen 1932 stirbt.
Den Spitznamen “Quex” bekommt Heini Völker von seinem Umfeld auf Grund seiner “quirligen” Beweglichkeit wie Quecksilber.

Auch “Hitlerjunge Quex”  wurde nach dem Krieg verboten und gilt als “Vorbehaltsfilm” , darf also nur unter bestimmten Auflagen und mit Zustimmung der Murnau-Stiftung öffentlich gezeigt werden.

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Film “Kolberg” von Veit Harlan: Goebbels’ Geheimwaffe für den “Endsieg”

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Mit Produktionskosten von ca. 8,8 Millionen Reichsmark war “Kolberg” der teuerste Film zur Zeit des Nationalsozialismus. Im Rahmen der geistigen Kriegsführung ordnete Propagandaminister Goebbels die Produktion des Films im Sommer 1943 an. Spätestens seit der verlorenen Schlacht von Stalingrad Ende 1942 waren die Zweifel der Bevölkerung am “Endsieg” größer geworden. So musste ein Film her, dessen Aufgabe es ist, “am Beispiel der Stadt, die dem Film den Titel gibt, zu zeigen, daß ein in Heimat und Front geeintes Volk jeden Gegner überwindet.”. Und Goebbels hatte also bereits nicht nur Ziel, sondern auch gleich Titel und Hintergrund für den beauftragten und damals bekannten Regisseur Veit Harlan parat: “Kolberg”. Der Film soll von der heldenhaften Verteidigung der ehemaligen Festung im Jahr 1806 gegen Napoleons Truppen erzählen.

Etwas kurz zur Handlung:

Angeführt von den ruhmreichen preußischen Majoren Schill und Gneisenau sowie unterstützt vom mutigen Kampf des Volkes und der Bürger gelingt es 1806, die Franzosen zu schlagen. Doch Harlan lässt diese Handlung nicht so einfach da stehen, sondern entwickelt darum eine Rahmenhandlung:

Gneisenau versucht im Jahr 1813, Preußens König Freidrich Wilhem III. vom aktiven und erfolgreichen Kampf gegen Napoleon zu überzeugen. Im Rückblick auf die aufopferungsvolle Schlacht von Kolberg im Jahre 1806 gelingt es Gneisenau, den König von der Aufstellung eines Volksheers zu bewegen. Und so endet der Film “Kolberg” mit dem Aufruf “An mein Volk”, in dem der Monarch die Breslauer Bevölkerung zum Kampf gegen die Franzosen aufruft.

Tausende Soldaten als Statisten und 100 Waggons mit Salz zur Bereitstellung von Kunstschnee sind nur wenige Beispiele eines gigantischen Aufwands zur psychologischen Kriegsführung der Nazis mit diesem Film. Erst kurz vor Kriegsende war Premiere in Berlin. Den Nazis war natürlich sehr daran gelegen, den Film auch reichsweit und vor allen Dingen den Soldaten an der Front zu zeigen. In der Endfassung des Films waren nun aber nicht mehr brutale Schlachtszenen zu sehen, um das deutsche Volk, das bereits durch die Bombenangriffe traumatisiert war, nicht noch weiter zu ängstigen.

Die öffentliche Aufführung des Films wurde nach dem Krieg zunächst verboten, 1965 kam “Kolberg” dann aber, mit dokumentatorischer Begleitung, wieder in die Kinos. Zahlreiche Proteste sorgten kurze Zeit später für die Absetzung. Der Film “Kolberg” ist seit dem als “Vorbehaltsfilm” eingestuft und darf nur mit Genehmigung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung und unter strengen Auflegen gezeigt werden.

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“Jud Süß” von Veit Harlan: Wegbereiter des Holocaust

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“Harlan habe dazu beigetragen, „die massenpsychologischen Voraussetzungen für die Vergasungen von Auschwitz zu schaffen“”, so Carlo Schmid, früherer bedeutender Staatsreechtler und SPD-Politiker, im Jahr 1951.
Er bezog sich damit auf den von Veit Harlan produzierten und 1940 uraufgeführten Streifen “Jud Süß”. Der Film erklärt im Sinne der NS-Ideologie die Politik der Nazis im Kampf gegen die Juden für richtig und notwendig. Der Film war in den Augen Schmids auf Grund seiner zutiefst antisemitischen Haltung auch Wegbereiter für den späteren Holocaust.

Aber worum geht es eigentlich in dem Film und wie schaffte es Propagandaminister Goebbels mit Hilfe von Veit Harlan, das Anliegen des NS-Staates in Szene zu bringen?

Regisseur Harlan stützte sich mit seinem Drehbuch zunächst auf die gleichnamige Novelle von Wilhelm Hauff. Joseph Süß Oppenheimer, seit 1733 Finanzberater von Herzog Karl Alexander von
Württemberg in Stuttgart, überredet den Monarchen zu windigen Geschäften und Handlungen, um sein und des Herzog’s Reichtum zu vergrößern. Dabei bringt er sowohl Landstände als auch das Volk gegen sich auf. Desweiteren versucht Oppenheimer Dorothea, die Tochter des Landschaftskonsulenten zu heiraten. Da diese nicht einwilligen will, verhaftet er zunächst ihren Vater und später Dorothea’s Geliebten Aktuarius Faber. Schließlich vergewaltigt er Dorothea, darauf hin begeht sie Suizid. Die Gegner, unter ihnen Faber und die Landstände, beginnen einen Aufstand und verwüsten Oppenheimers Palais. Schließlich wird er wegen Korruption, Wucherei und Ämtermissbrauch schuldig gesprochen Auf Grund des Geschlechtsverkehrs mit einer Christin soll er zum Tode verurteilt werden. Desweiteren wird für alle Juden in Württemberg der Bann ausgesprochen.

Obwohl Hauff die Problematik der Ehe und Liebe zwischen Christen und Juden in seiner Novelle ebenso thematisiert, geht Veit Harlan einen großen Schritt weiter und stellt die Juden neben “gierigen” und “skrupellosen” Geschäftemachern zusätzlich als rohe, gewalttätige “Rasseschänder” da.

Goebbels, der “Jud Süß” in Auftrag gegeben hat, spricht vom “stürmischen Erfolg” des Films, ca. 100.000 Kinobesucher des UFA-Palasts im ersten Monat sollten ihm Recht geben. Dabei war der Beginn der Dreharbeiten von “Jud Süß” mehr als fragil: Im Gegensatz zu Veit Harlan hatte Goebbels massive Probleme mit der Besetzung der Hauptrolle: Emil Jannings, Gustaf Gründgens und Paul Dahlke, all sie lehnten neben anderen bekannten Schauspielern ab. Ferdinand Marian musste schließlich auf Goebbels’ Befehl hin die Rolle des “Jud Süß” übernehmen.

Und wie kam Veit Harlan als Regisseur zum Film ?

Von Anfang an war Veit Harlan Verfechter der NS-Ideologie, zunächst als Theaterregisseur. Das Bühnenstück “Krach im Hinterhaus” bescherte ihm 1935 so große Erfolge, das nun auch Filmproduzenzenten auf ihn aufmerksam wurden. Dabei verblüffte Harlan mit technisch aufwendigen wie anspruchsvollen Produktionen. Berühmtheit erlangte Harlan auch durch den “Durchhaltefilm” “Kolberg”, der bis 1944 gedreht wurde.

“Kolberg” und “Jud Süß” wurden nach dem Krieg durch die Alliierten auf die Verbotsliste gesetzt und sind seit 1966 im Besitz der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung als so genannte Vorbehaltsfilme, dürfen also ohne fachliche Begleitung nicht öffentlich gezeigt werden.

Harlan selbst wurde schließlich Ende April 1950 freigesprochen,. Das Gericht folgte wohl seiner Argumentation, dass er durch den NS-Staat “gezwungen wurde” , “Jud Süß” und andere NS-Propagandafilme zu drehen.
In seinen letzten Lebensjahren bis zu seinem Tod 1964 drehte Harlan weitere Filme, die allerdings bei weitem nicht mehr so erfolgreich wie seine früheren Streifen waren.

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